Die Kraft der Empathie

Die Kraft der Empathie: 6 Säulen für ein erfüllteres Leben

Empathie wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Fähigkeit beschrieben, die es uns ermöglicht uns in die Gedanken, Gefühle und Perspektiven anderer Menschen, insbesondere auch unsere Partner und Partnerinnen hineinzuversetzen.  Um anderen wirklich helfen zu können müssen wir innerlich stark, resilient und in unserer eigenen Kraft sein. Das bedeutet, dass wir uns unserer eigenen Gefühle bewusst sind und in der Lage sind, sie zu kontrollieren.

Da es viele Missverständnisse in Bezug auf Empathie gibt, manche Menschen sogar als Empathielos bezeichnet werden, möchte ich in diesem Artikel auf die 6 Säulen der Empathie und die dahinter liegende Kraft die zum Vorschein kommt, eingehen sobald wir anfangen diese zu leben.

Was ist Empathie?

Das Wort „Empathie“ hat seinen Ursprung im Begriff „Einfühlung“ und wurde in der Philosophie mit dem griechischen Ausdruck „Empatheia“ gleichgesetzt. Ursprünglich bezog sich dieser Begriff auf die Interpretation ästhetischer Musik, Kunst und Natur. Einer der Pioniere, der sich intensiv mit beiden Konzepten auseinandersetzte, war der deutsche Philosoph und Psychologe Theodor Lipps (1851-1914).

In der Folgezeit wurden weitere Einflüsse aufgenommen, darunter auch Freuds These, dass Empathie alles umfasst, was dem „Ich“ fremd ist, also alles, was außerhalb des Selbst wahrgenommen und erforscht werden möchte. Empathie wurde für Freud zum Eckpfeiler seiner Psychoanalyse.

Empathie beschreibt also eine Fähigkeit, die es uns ermöglicht, uns in die Gedanken, Gefühle und Perspektiven anderer Menschen hineinzuversetzen. Sie bildet das Fundament für zwischenmenschliche Beziehungen, kollektives Verständnis und soziale Harmonie.  Wenn wir empathisch mit uns selbst und anderen sind, haben wir die Möglichkeit, auf eine Weise mit anderen umzugehen, die nicht nur für sie, sondern auch für uns selbst hilfreich ist.

Was verstehen wir unter Empathie?

Es gibt Stimmen die behaupten wir leben im narzisstischen Zeitalter. Das „ICH“ steht im Zentrum und die indivuelle Entwicklung wird durch den Optimierungswahn abgelöst. Es gibt Menschen die sich selbst aufgeben, um es anderen Recht zu machen oder um ihnen zu gefallen.

Menschen mit diesem Verhaltensmuster bezeichnen sich oft als Empathen und sind oft darüber enttäuscht, dass ihnen niemand dafür dankt, dass sie sich anpassen. Empathie hat aber wenig mit Anpassung zu tun, denn sie ist ein Akt der Nächstenliebe, der auf Frewilligkeit basiert und nicht auf Zwang. Um empathisch zu agieren, ist Anpassung nicht erforderlich. Offenheit und Neugierde für alles was ist, ist jedoch ein Vorteil.

Als ausgebildeter Gesprächstherapeut, nach Carl Rogers, welche nunmal auf Empathie begründet ist, sind mir die vielen Missverständnisse schon aufgefallen, die es in Bezug auf Empathie gibt.

Empathisch offen sein für andere
Empathisch offen sein für andere

Gelebte Empathie im Alltag

Im Alltag erleben wir alle Empathie in verschiedenen Formen, doch manchmal begegnen wir auch dem Gegenteil davon. Wir kennen alle Menschen, die uns auf die Palme bringen, weil sie scheinbar unfähig sind, sich in andere hineinzuversetzen.

Vielleicht ist es die Verkäuferin, die uns ungefragt Ratschläge gibt, oder unbeholfene Bemerkungen unseres Gegenübers, die uns verletzen, ohne dass sie es merken. Manchmal sind wir selbst diejenigen, die unaufgefordert Ratschläge erteilen, sei es gegenüber unseren Partnern, Kindern oder sogar am Arbeitsplatz.

Es kann frustrierend und anstrengend sein, mit solchen Menschen umzugehen, die scheinbar gleichgültig sind gegenüber den Gefühlen anderer. Es könnte die eigene Mutter sein, die nicht darüber nachdenkt, wie es ihrem Kind dabei geht, wenn sie tut, was sie für richtig hält. Oder der Ex-Partner, der in der Trennungsphase nicht erkennt, dass der andere nur eine Lösung sucht. Es könnte auch der Chef sein, der hart auf das Jahresziel hinarbeitet, ohne die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter zu beachten.

Empathie bedeutet zu verstehen ohne zu urteilen

Empathie bedeutet, zu verstehen, ohne zu urteilen. Doch wir sollten vorsichtig sein, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Es ist verständlich, dass viele Menschen, insbesondere hier, bei Empathiemangel sofort von Narzissmus sprechen. Doch Empathiemangel kann auch andere Gründe haben, manche davon verstehen wir vielleicht nicht, weil wir selbst nicht empathisch genug sind. Statt zu urteilen, könnten wir also auch fragen, warum die Person gerade nicht in der Lage ist, empathisch zu sein.

Es gibt tatsächlich Menschen, denen es schwerfällt, sich in andere einzufühlen, die nicht gelernt haben, über ihre eigenen Gefühle zu sprechen, oder die aufgrund von Überforderung große Hilflosigkeit und Verzweiflung empfinden und deshalb manchmal nicht angemessen reagieren können. Und wer weiß, vielleicht warst du auch schon einmal in einer solchen Situation, in der du nicht wusstest, wie du dich verhalten solltest?

Die 6 Säulen der Empathie für ein erfüllteres Leben

Roman Krznaric, ein bekannter Sozialphilosoph und Autor, hat sechs Schlüsselkompetenzen oder „Säulen“ identifiziert, die für die Entwicklung und Ausübung von Empathie entscheidend sind. Diese Säulen bilden die Grundlage für seine Arbeit über Empathie und zwischenmenschliche Verbindungen. Die sechs Säulen der Empathie nach Roman Krznaric sind:

 

  1. Perspektivenübernahme ist die Fertigkeit, sich in die Gefühle und Gedanken anderer Menschen hineinzuversetzen und die Welt aus ihrer Sicht zu betrachten. Dies erfordert, dass wir unsere eigenen Annahmen und Vorurteile beiseitelegen und uns aktiv bemühen, die Sichtweisen anderer Menschen zu verstehen, auch wenn wir mit der Sichtweise nicht einverstanden sind und ggf. sogar gegen unsere eigenen Werte verstößt.
  2. Neugieriges Fragen ermöglicht es Fragen zu stellen und aktiv zuzuhören, um die Perspektiven anderer besser zu verstehen. Interpretationen sind hierbei fehl am Platz, denn sie führen zu Missverständnissen und dazu, dass sich das Gegenüber immer mehr verschließt und nicht mehr offen ist für ein Gespräch mit uns.
  3. Imagination ist die Fähigkeit, sich in die Situationen anderer hineinzuversetzen und sich vorzustellen, wie es wäre, in ihren Schuhen zu gehen. Sich etwas vorzustellen, gelingt am besten, wenn man etwas Ähnliches selbst erlebt hat. Tägliches Tagebuchschreiben steigert die Selbstreflexion und unsere Fähigkeit uns in Welten anderer besser hinein zu versetzen.
  4. Denken in Zusammenhängen hilft die sozialen, kulturellen und historischen Zusammenhänge zu erkennen, die das Verhalten und die Gefühle anderer Menschen prägen. Diese Bereitschaft erfordert, dass wir uns bewusst von Stereotypen und Annahmen lösen und stattdessen einen Raum schaffen, in dem sich andere frei äußern können.
  5. Verstehen heißt, sich bewusst mit den eigenen Vorurteilen, Erfahrungen und Emotionen auseinanderzusetzen, um eine tiefere empathische Verbindung zu anderen aufzubauen. Verständnis zeigen für ein Verhalten einer Person, die etwas tut, was uns in unserem innersten erschüttert, gehört nicht zu unseren Stärken. Jedoch könnte es helfen, sich zu überlegen, welche Absichten oder Motive dahinterstecken, ohne vorschnell ein Urteil zu fällen.
  6. Resonanz beschreibt die Fähigkeit, mit den Emotionen anderer in Resonanz zu treten und eine authentische, mitfühlende Reaktion zu zeigen. Das bedeutet, dass man sich über seine eigenen Emotionen bewusst ist und diese entsprechend steuern kann. Was auch helfen kann, ist das ehrliche sich Mitteilen oder in Beziehungen das sogenannte Zwiegespräch.

Diese sechs Säulen bieten einen Rahmen für die Entwicklung und Stärkung von Empathie in zwischenmenschlichen Beziehungen und können dazu beitragen, ein tieferes Verständnis und eine stärkere Verbundenheit mit anderen Menschen zu fördern.

Reziprozität und Empathie
Reziprozität und Empathie

Das Gesetz der Reziprozität

Das Schöne an Empathie ist, dass sie dem Gesetz der Reziprozität unterliegt: Je mehr sich jemand gesehen und verstanden fühlt, desto größer wird seine Bereitschaft sein, wiederum einfühlsam auf andere zuzugehen.

Darüber hinaus kann Empathie im weitesten Sinne auch als die Bereitschaft verstanden werden, anderen zu helfen. Zahlreiche Studien haben eindeutig bewiesen, dass Menschen, die anderen helfen, sich glücklicher und zufriedener mit ihrem eigenen Leben fühlen.

Im besten Fall kann dies zu einem sogenannten „Helpers‘ High“ führen – einem Gefühl des Glücks und der Erfüllung, das entsteht, wenn unsere Fähigkeit und Bereitschaft zur Empathie uns ein starkes Gefühl von Sinnhaftigkeit und Bedeutung vermitteln.

Die Grenzen der Empathie

Empathie ist zweifellos eine schöne und wichtige Fähigkeit, aber wie in allen Bereichen des Lebens ist es entscheidend, das richtige Gleichgewicht zu finden. Besonders in helfenden Berufen besteht die Tendenz, die eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer hintanzustellen.

Dies mag für einen begrenzten Zeitraum angemessen und Teil der Aufgabe sein, aber es ist ebenso wichtig, sich selbst gut zu versorgen. Langfristig können wir nur für andere da sein, wenn wir auch auf uns selbst achten. Die Grenzen der Empathie beginnen genau dort, wo wir beginnen, uns selbst zu vernachlässigen oder aus den Augen zu verlieren.

Solltest du Schwierigkeiten haben dich abzugrenzen oder das Gefühl haben, in deiner Partnerschaft gibt es zu wenig Empathie, dann melde dich gerne zu einem Erstgespräch und wir können gemeinsam erörtern woran das liegt.

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