In meiner Praxis für Neurodiversität und Traumatherapie in Bremen biete ich u.a. für Menschen mit Hochsensibilität Psychotherapie und Coaching an. Als Heilpraktiker für Psychotherapie, der selbst hochsensibel ist, begleite ich dich auf deinem Weg zu dir selbst. Viele Betroffene empfinden ihre Hochsensibilität sowohl als Fluch und auch als Segen. Lass uns gemeinsam herausfinden, wie du einen konstruktiven und selbstsicheren Umgang mit deiner Hochsensibilität entwickeln kannst, um dich in dieser Welt besser zurechtzufinden.
Hochsensibilität ist in aller Munde. Die Wissenschaft ist sich uneinig, ob Hochsensibilität (HSP = High Sensitivity Personality) eine Traumafolge oder ein Persönlichkeitsmerkmal bzw. eine angeborene neurologische Besonderheit ist, welche beschreibt, wie das zentrale Nervensystem funktioniert. Die Forschungen dazu laufen immer noch. Was aber bislang herausgefunden wurde, möchte ich hier gerne kurz erläutern.
Hochsensible Menschen denken tiefsinnig, fühlen feinsinnig und nehmen in ihrer Umgebung mehr Details wahr als Normalsensible. Sie sind schneller überfordert mit den Reizen in ihrer Umwelt. Sie nehmen schneller Veränderungen wahr und reagieren entsprechend schneller gereizt. In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff der Ambiguitätsintoleranz. Dieser beschreibt den Zustand, wenn einem alles zu viel wird. Hochsensible Menschen bevorzugen Harmonie und Gleichklang. Zu viel Veränderung ist Gift für die hochsensible Seele. Kommt dir das bekannt vor?
Oft wird Hochsensibilität auch als Hypersensibilität, Hochsensitivität oder Hochempfindsamkeit bezeichnet. Auffallend bei hochsensiblen Charakteren ist häufig ein sehr niedriges Selbstwertgefühl gekoppelt mit reflexiver Empathie, erhöhter emotionaler Verletzlichkeit bzw. Kränkbarkeit und ausgeprägtem Harmoniebedürfnis.
Für mich persönlich ist das ein Indiz dafür, dass Hochsensibilität zum Konzept der Neurodiversität gezählt werden kann, gleichermaßen aber auch ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal ist und durchaus auch als Traumafolge gesehen werden kann. Jemand der hochsensibel ist, ist anfälliger für psychische Störungen, da dessen Stresstoleranz von Haus aus vermindert ist.
Hochsensible Menschen und Normalsensible Menschen unterscheiden sich in ihrer Art zu Denken, zu Fühlen und in ihrer Wahrnehmung. Für viele Betroffene ist die Erkenntnis, hochsensibel zu sein, eine Erleichterung. Denn endlich hat der Zustand, in dem sie sich wiederfinden einen Namen. Manch einer neigt nach dieser Erkenntnis dazu, seinem Umfeld überschwänglich davon zu erzählen, um den Beweis zu liefern, dass sie nicht verkehrt sind, sondern lediglich hochsensibel sind. Für mich persönlich steckt dahinter der nachvollziehbare Wunsch nach Verständnis, Respekt und Würdigung ihres „so seins“.
Das Konzept der Hochsensensibilität wird nach wie vor missverstanden. Insbesondere in der Coachingszene werden Menschen, die mit Hochsensibilität leben als Superhelden, Megaempathen und Opfer von Narzissten stilisiert und teilweise hochgejubelt, also als etwas, worauf man stolz sein kann.
Gleichzeitig erlebe ich in meiner Praxis für Neurodiversität und Traumafolgen hochsensible und neurodivergente Menschen, die ihre neurologische Besonderheit als unangenehm und krankhaft erleben und sich nicht als Opfer wahrnehmen, auch, wenn ihnen Teile ihres Umfeldes dieses einreden wollen. Die meisten meiner Klienten sind sehr reflektiert und erkennen, dass es ihre eigene Verletzlichkeit und Reizoffenheit ist, die dazu führt, dass sie von all ihren Emotionen überflutet werden.
Mir begegnen Menschen, die ihre mit der Hochsensibilität und/ oder mit ihrem AD(H)S oder Autismus verbundenen Qualitäten zwar wahrnehmen, diese aber überschattet sind von gefühlten Nachteilen. Insbesondere die Reizoffenheit, gepaart mit innerer Unruhe, wird als einschränkend wahrgenommen.
In diesem Falle sollten wir Hochsensibilität nicht als neurologische Besonderheit oder als Geschenk sehen, sondern als Belastung mit erheblichen Auswirkungen und Folgen für das Leben. Viele Betroffene leiden unter ihrer Hochsensibilität, auch wenn diese alleinstehend keine Krankheit ist, die einer Heilung bedarf. Jedoch bedarf es in dieser Hinsicht einem Traumasensiblen Umgang mit entsprechender Psychoedukation, um mit dieser Eigenschaft klar zu kommen.
Wird statt von einer differenzierenden ADHS Diagnostik einer Autismusdiagnostik oder einer umfangreichen biografischen Anamnese einfach nur von Hochsensibilität oder gar Hochbegabung gesprochen, kann dies enorme Folgen für Betroffene haben, die Hochsensibilität als Traumafolge entwickelt haben. In dem Falle spricht die Psychologie gar von einer Hypervigilanz (übertriebene Wachsamkeit). Mitunter entwickeln sich Esstörungen, Belastungsstörungen, Depressionen, die unbehandelt zu Suizidversuchen oder chronischen Psychosomatosen führen können.
Leider gibt es immer noch viele fahrlässig agierende sogenannte Mentalcoaches, die keine Anamnese machen, die bei Hochsensibilität eher an die Schwierigkeit denken, sich abzugrenzen oder Hochbegabung attestieren und durch fadenscheinige Transformationsangebote lieber versuchen, sich an Betroffenen zu bereichern, statt diesen umfangreich zu helfen und zu ergründen was sich hinter der Symptomatik verbirgt. Denn es könnte tatsächlich eine Traumafolgestörung, eine ADHS oder eine Autismus Spektrumstörung sich dahinter verbergen, die nur durch eine individuell abgestimmte Traumatherapie erfolgreich behandelt werden kann.
Fairerweise möchte ich jedoch auch erwähnen, dass Hochsensibilität auch alleine auftreten kann, ohne dass eine ADHS vorliegt. Aus diesem Grund wird eine ADHS-Diagnostik nur stattfinden, wenn es einen konkreten Verdacht gibt oder du als Betroffener sichergehen möchtest.
Hochsensibilität und Hypervigilanz, eine durch ein Trauma verursachte erhöhte Wachsamkeit, können sich sehr ähnlich sein. Oftmals tritt Hypervigilanz zusätzlich bei hochsensiblen Personen auf, wenn diese in ihrer Kindheit Erfahrungen gemacht haben, in denen sie sich einsam, verlassen und bedroht gefühlt haben.
Beispiele für Hypervigilanz in Kombination mit Hochsensibilität:
Der Glaube, dass Hochsensibilität immer mit Hochbegabung einhergeht, also mit außergewöhnlicher Intelligenz, ist ein Irrtum. Zwar gibt es Menschen, die sowohl hochsensibel als auch hochbegabt sind, doch die Forschung zeigt, dass nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung hochbegabt sind – das heißt, sie haben einen Intelligenzquotienten von 130 oder höher.
Im Gegensatz dazu bezeichnen sich rund 20 Prozent der Menschen als „ziemlich“ oder „extrem sensibel“. Dieses Missverständnis könnte teilweise durch Ratgeberbücher entstanden sein, die hochsensiblen Menschen oft besondere Anweisungen geben oder an ihr Mindset appelieren.
Bei genauerem Hinsehen beziehen sich diese Begabungen jedoch meist nicht auf kognitive Fähigkeiten, sondern auf Talente im musikalischen, künstlerischen oder zwischenmenschlichen Bereich.
Hochsensible Menschen verfügen mit Sicherheit über eine erhöhte emotionale Intelligenz (EQ) und sie sind kreativ und musikalisch. Hierbei handelt es sich jedoch um Inselbegabungen oder den sogenannten Hyperfokus, statt um einem ausgeprägten IQ.
Um ganz sicher zu sein, könntest du auch noch einen IQ-Test machen. Jedoch ist Hochbegabung kein Indiz für Hochsensibilität oder umgekehrt.