In der Zeit um die Menopause können viele Frauen eine Verschlechterung ihres psychischen Zustands erleben, gekennzeichnet durch erhöhte Stimmungs-schwankungen, Reizbarkeit, Nervosität, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen. Es können sogar schwere Depressionen und Psychosen vermehrt auftreten, die mitunter auch dazu führen, dass Angehörige beschuldigt werden, psychisch krank zu sein. Einer meiner Klienten wurde bezichtigt ein Narzisst zu sein. Ein guter Grund für mich, mich mit dieser Thematik zu befassen.
Menopause oder Narzissmus?
Kürzlich suchte mich ein Mann in meiner Praxis auf, der mir davon berichtete, dass seine Beziehung seit 6 Monaten immer anstrengender wird. Seine Frau mit der er seit 4 Jahren zusammen sei, sei häufiger schlecht gelaunt, gereizt und aggressiv. Zudem zweifel sie an seiner Liebe. Sie sei zudem in der Menopause.
Aufgrund ihres verminderten Selbstwerts und dem damit verbundenen Leiden googelte die Frau ihre Symptome im Internet und schloss daraus, dass ihr Mann ein Narzisst sei, weswegen er nun mit mir arbeiten wolle um die Ehe zu retten. Dass es möglicherweise einen Zusammenhang mit ihrem Östrogenmangel gibt, schloss die Frau für sich aus, denn die Anzeichen laut Dr. Google waren zu eindeutig.
Wenn ich leide, muss er ein Narzisst sein
Viele meiner Kollegen kennen dieses Phänomen mittlerweile. Jeder zweite Mann wird als Narzisst bezeichnet, sobald es in der Beziehung kriselt. Und immer hat die Frau es jahrelang angeblich nicht erkannt, dass der Mann nicht der Mann sei, von dem sie glaubte, dass er es sei.
Die Foren sind voller Verdächtigungen und Zuschreibungen. „Ich bin jetzt seit 30 Jahren mit meinem Mann verheiratet und erst jetzt habe ich herausgefunden, dass er ein Narzisst ist“. Ein gefundenes Fressen für lauter schlecht ausgebildete Coaches. Denn oft wird sich sehr schnell auf den Narzissmus des Mannes festgelegt und selten auf den fragilen Selbstwert der Frau.
Dabei ist es ein offenes Geheimnis , dass eine Frau ab 45 Jahren circa in die Wechseljahre kommt und sich hormonell ganz viel verändert, was sich sowohl auf den Selbstwert, als auch die Selbst- (Wahrnehmung) auswirkt. Willkommen in den Wechseljahren.
Was sind die Symptome der Menopause?
Die Menopause ist ein natürlicher Lebensabschnitt im Leben einer Frau, der durch das Ende der menstruellen Zyklus gekennzeichnet ist. Sie tritt in der Regel zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr auf, obwohl sie auch früher oder später auftreten kann. Hier sind einige häufige Anzeichen und Symptome, die darauf hindeuten können, dass du dich in der Menopause befindest:
- Unregelmäßige Menstruationszyklen: Ein häufiges Zeichen der Menopause sind unregelmäßige oder ausbleibende Perioden. Die Länge der Menstruationszyklen kann variieren, und es kann zu längeren oder kürzeren Zeiträumen zwischen den Perioden kommen.
- Hitzewallungen und Nachtschweiß: Viele Frauen erleben während der Menopause Hitzewallungen, die plötzliche Hitzegefühle im Gesicht, im Nacken und im oberen Körper verursachen können. Diese können von starkem Schwitzen begleitet sein, besonders nachts.
- Schlafstörungen: Schlafprobleme wie Schlaflosigkeit, nächtliches Erwachen und Schwierigkeiten beim Einschlafen können während der Menopause auftreten. Dies kann durch hormonelle Veränderungen und Hitzewallungen verursacht werden.
- Stimmungsschwankungen: Viele Frauen erleben während der Menopause Stimmungsschwankungen, die von Reizbarkeit und Angst bis hin zu Depressionen reichen können. Diese Veränderungen können auf hormonelle Veränderungen und die Belastungen dieser Lebensphase zurückzuführen sein.
- Vaginale Trockenheit: Ein Rückgang des Östrogenspiegels während der Menopause kann zu vaginaler Trockenheit und verminderter sexueller Erregung führen. Dies kann zu Beschwerden beim Geschlechtsverkehr führen.
- Gewichtszunahme: Viele Frauen nehmen während der Menopause an Gewicht zu, insbesondere um den Bauchbereich herum. Dies kann auf hormonelle Veränderungen, verlangsamten Stoffwechsel und veränderte Lebensgewohnheiten zurückzuführen sein.
Ursachen der Wechseljahre
Die Ursachen für die Symptome sind vielfältig. Häufig spielt der Rückgang der körpereigenen Produktion von Sexualhormonen, insbesondere Östrogenen, eine Rolle. Jedoch sind auch die zahlreichen psychosozialen und körperlichen Veränderungen, die Frauen in dieser Lebensphase durchlaufen, bedeutsam. Die Frau befindet sich im Wechsel von junger Frau zur Frau mittleren Alters.
Es ist eine Zeit, in der oft viele Belastungen aufeinandertreffen können. Obwohl nicht zwangsläufig, können diese Faktoren bei Frauen, insbesondere solchen, die zu psychischen Beschwerden neigen, zu psychischen Beschwerden führen.
Faktor Resilienz
In der klinischen Psychologie findet das Vulnerabilitäts-Stress-Modell Anwendung, um die Anfälligkeit eines Menschen für psychische Erkrankungen zu erklären. Die Vulnerabilität, abgeleitet vom lateinischen „Vulnus“ für Wunde, beschreibt die Neigung eines Menschen, an einer psychischen Störung zu erkranken.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell veranschaulicht die individuelle Verletzlichkeit mittels eines Fasses, das mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gefüllt werden kann. Das Wasser, das in das Fass fließt, symbolisiert beruflichen und privaten Stress sowie soziale Belastungen. Jeder Mensch hat ein individuelles Fassungsvermögen und reagiert daher unterschiedlich auf Belastungen. Ein höherer Boden des Fasses zeigt eine hohe Vulnerabilität des Individuums an.
Faktor Narzissmus & Selbstwert
Menschen die als Kind bereits traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, sind dem Modell zufolge vulnerabler und somit anfälliger für Stress, Vernachlässigung und Verletzlichkeit, welche ja bei der Menopause erhöht auftritt. Frauen in der Menopause sind reizbarer, verletzlicher, empfindsamer und empfindlicher.
Zudem wird vielen Frauen in den Wechseljahren eines vermittelt: Sie werden nicht mehr jünger. Der Zenit der Zeit scheitet voran. Für manche Frau sehr einschneidend in Bewusstein und Selbstwert.
Wer sich als Frau noch nicht mit den Symptomen und Ursachen der Wechseljahre und der drauffolgenden depressiven Verstimmung befasst hat, könnte dank dem Internet schnell auf die Idee kommen, das Umfeld würde aus Narzissten bestehen.
Ursächlich für diese Gefühle aber sind der Östrogenmangel und damit verbundene fragile Selbstwert. Nicht umsonst wird Östrogen auch als natürlicher Psychoschutz der Seele bezeichnet, also als Prävention gegen Depression und Selbstwertprobleme.